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Idstedt-Marathon

07.10.2018

 

Wenn Jürgen ruft, hat man Folge zu leisten. Und Jürgen rief in Form einer Einladung über Facebook zum 5. Idstedt-Marathon. Idstedt? War da nicht mal was? Ja genau. 2015 bin ich dort schon mal gestartet, habe ihn allerdings nicht gefinished. Ich hatte noch Berlin in den Knochen und bin zu schnell angegangen, da ich mich mit einer Läuferin festgequatscht hatte und ihr Tempo einfach zu hoch für mich war. Ich wusste also, was auf mich zu kam und hatte Respekt. Meine Bedenken habe ich so gut es geht zur Seite geschoben.

Als die Einladung eintraf musste ich länger überlegen. Von meiner Topform war ich meilenweit entfernt. Einige Male mit Jürgen hin und her geschrieben. Es ist eine winzig kleine Veranstaltung und ich hatte Bedenken, dass nur sehr flotte Läufer dabei sind und der VP am Ende stundenlang auf mich warten muss. Jürgen beruhigte mich. Es sind einige „Flitzer“ dabei aber auch die gemütlichen wären vertreten. Nach weiteren Überlegungen habe ich mich angemeldet.

Der Lauf trifft voll meinen Geschmack. Es ist ein nicht angemeldeter, privater Einladungslauf. Auf der Teilnehmerliste standen am Ende 13 Teilnehmer, von denen 9 gestartet und 7 ins Ziel gekommen sind. Treffpunkt ist ein Waldparkplatz. Gelaufen wird in Form einer Acht. Der Knotenpunkt ist der Waldparkplatz, auf dem auch der VP aufgebaut ist. Betreut wurde er dieses Jahr von Oliver und Martin. Zwei Läufer mit Herz, die wissen, was Läufer brauchen und wie sie ticken.

Um 9:30 Uhr war ich am Treffpunkt. Einige Läufer waren schon da, der VP wurde grade bestückt. Jürgen gab die Startnr. aus. Die Stimmung war locker und entspannt. Zumindest bei den anderen. Ich habe gut auf meinen Kopf und meine Gedanken aufgepasst. Nicht in die Bedenken-Spirale fallen. Für mich gab es eine Premiere. Meine treueste Laufpartnerin begleitete mich, Greti, mein Patenhund. Zwar sollte ich sie nicht über die gesamte Strecke mitlaufen, dafür hat sie zu wenig lange Läufe gemacht, aber die ersten zwei Runden und die letzte Schleife sollte sie mich begleiten. Ich freute mich sehr drüber. Die kleine Maus merkte, dass etwas in der Luft lag. Der Morgen verlief anders als sonst, der Spaziergang nur so kurz, dass das „geschäftliche“ erledigt werden konnte und danach gleich zurück und Frühstück. Sie schaute mich mehrfach fragend an. Jetzt wieselte sie aufgeregt durch die Läufer.

Jürgen schaute auf die Uhr und rief uns zusammen. Er erklärte uns, wie die Runden angelegt sind und wie sie markiert sind. Dann stellten wir uns an der gedachten Startlinie auf und es ging los. Ich wollte keinesfalls den Fehler machen, es zu schnell anzugehen. Inzwischen sollte ich genug Erfahrung dafür haben. Also ließ ich die Gruppe ziehen und trabte in meinem Tempo los. Greti war begeistert. Endlich ging es los und das in neuer Umgebung. So viel zu schnüffeln für sie.

Es ging erstmal über einen Wirtschaftsweg und durch ein Dorf, dann auf einen Wanderweg entlang einer Au und nach einer Straßenquerung am Idstedter See entlang. Eine wunderschöne Strecke, bei der man allerdings gut auf den Boden achten sollte. Baumwurzeln und sonstige Bodenunebenheiten laden zum Stolpern ein. Es folgte eine kurze Strecke auf einer wenig befahrenen Straße bevor es wieder auf einen Wirtschaftsweg am Waldrand ging und man den Parkplatz mit dem VP wieder erreichte. Das war die erste Schleife und es standen ca. 6 km auf der Uhr.

Jetzt ging es in den Wald. Die Strecke ist wirklich wunderschön. Ein Teil ging über die üblichen breiten Waldwege aber Jürgen hat auch nicht an den Singletrails gespart. So tippelten Greti und ich gut gelaunt durch die Natur. Auch hier musste man natürlich aufmerksam sein um nicht zu stolpern. Außerdem wurde es hügelig. Nicht wirklich Höhenmeter aber das auf und ab war abwechslungsreich. Jürgen hat im Vorfeld gewarnt, dass diese Hügelchen ab der dritten Runde scheinbar wachsen. Durch das gute Wetter im Vorfeld waren die Wege sehr gut zu laufen. Jürgen sagte, so gut, wie seit Jahren nicht. Sehr schön! Die Strecke hat durchaus Potenzial zur Schlammschlacht und ich kann mich erinnern, bei meinem ersten Start war es so.

Heute war das Wetter perfekt zum Laufen. Verhältnismäßig kalt aber trocken und sogar sonnig.

Ich merkte, dass mein Fahrgestell keinen guten Tag erwischt hat. Die Beine waren von Anfang an schwer und kraftlos also musste der Kopf es richten. Perfekt, denn schließlich ist der mein größtes Potenzial. Wie heißt es so schön: „80% eines Laufes passieren im Kopf. Der Rest ist mental.“ Ja ja, natürlich muss man auch körperlich in der Lage sein, aber schauen wir doch mal auf die Topathleten. Natürlich haben sie überdurchschnittliche körperliche Fähigkeiten aber ein absoluter Schlüsselfaktor ist ihre enorme Leidensfähigkeit. Ein Marathon tut immer weh. Die Frage ist, wie geht man damit um.

"Schmerz ist unvermeidlich. Leiden ist optional." - Haruki Murakami, aus What I Talk About When I Talk About Running

Dieses Zitat rief ich mir immer wieder ins Gedächtnis. Es funktioniert. Jeder muss schauen, was für ihn passt. Dieses hat bei mir an dem Tag zugetroffen.

Greti und ich tippelten also so durch den Wald. Greti wie immer mit Toplaune und ich freute mich einfach über die Situation und genoss die Natur. Die zweite Schleife waren etwa 5,5 km, so dass nach insgesamt 11,5 km die erste Runde komplett hatte.

Da ich mit Rucksack unterwegs war, lief ich grüßend am VP vorbei und wir starteten auf die zweite Runde. Von den anderen Läufern war nichts zu sehen, was bei dem kleinen Starterfeld und den unterschiedlichen Tempi nicht verwunderlich war. So trabten Greti und ich den Wirtschaftsweg längs. Und trabten und trabten und … mir kamen langsam Zweifel. Es ging am Anfang ein gutes Stück geradeaus aber so weit? Ein großes Industriegebäude mit markanten Farben kam in Sicht. Meine Verunsicherung wuchs. Ich hatte zwar bei der ersten Runde auf die Läufer vor mir geachtet so lange ich sie noch sehen konnte, aber das Gebäude wäre mir doch aufgefallen. Wiederum kann ich Dinge beim Laufen enorm gut ausblenden, so dass ich häufig nicht mehr sicher sagen kann, ob da z. B. ein Gebäude stand oder nicht. Ich bin dann einfach so sehr bei mir, dass ich auf das Außen nicht achte. Bei den normalen Hausrunden absolut ok, bei einer Veranstaltung enorm anstrengend für mich, immer wieder auf die äußeren Reize zu reagieren. Ich entschloss mich also umzukehren und den Weg zurück zu laufen, bis ich wieder eine Markierung fand. Die fand ich dann auch. Ein eigentlich unübersehbarer roter Pfeil. Hier hätte ich rechts abbiegen müssen. Tja, um es mit Kilian Jornets Worten zu sagen „more kilometers, more fun“ Ich bog also in den richtigen Weg ab und hörte in mich rein. Ich war amüsiert. Nanu, der Kopf ist ja heute richtig gut drauf. Ich ließ Ärger gar nicht erst hoch kommen. Hätte an der Situation eh nichts geändert, sondern nur Energie gekostet. Und heute kostete es mir nicht mal Mühe den Kopf auf Spur zu behalten. Das war neu. Sollte das ganze Mental-Trainings-Gedöns etwa funktionieren? Natürlich funktioniert es aber sollte es bei mir funktionieren? Das ist ja nochmal eine ganz andere Frage. Ich beschäftige mich ja nicht erst seit gestern damit.

Also ging es jetzt auf dem richtigen Weg weiter. Ich überholte Doris, die kurz irritiert war. Sie hatte mich durch meine Extraschleife überholt. Auf den weiteren km sollten wir uns allerdings noch häufiger begegnen. Immer mal wieder zog die eine an der anderen vorbei. Ohne Konkurrenzkampf einfach nur, weil es sich ergab. Am Ende hatte Doris die Nase vorn.

Jetzt lief es erstmal ohne Besonderheiten weiter. Greti trabte brav und begeistert mit. Am Ende der zweiten Runde, also nach etwa 24 km setzte ich sie ins Auto. Sie sollte erstmal Pause haben auch wenn sie noch nicht müde war.

Martin und Oliver harrten trotz Kälte gut gelaunt am VP aus. Ich fragte, ob sie auf Greti ein Auge haben würden. Sie ist es gewohnt, nach dem Lauf im Auto zu schlafen, wenn ich die Runde verlängere und sie genug hat. Es ist also überhaupt nichts Ungewöhnliches für sie. Trotzdem beruhigt es mich, wenn ich weiß, dass jemand schaut. Martin hat sich gleich bereit erklärt. So ließ ich sie ins Auto, Kuscheldecke drüber, Leckerlies vor die Nase.

Für mich ging es weiter. Da ich in den letzten km Probleme mit einem Zeh hatte, hatte ich über einen Schuhwechsel nachgedacht. Das hatte ich allerdings prompt vergessen und so akzeptierte ich die Situation. Probleme kommen und gehen bei einem Langstreckenlauf. Wenn es dir bei km 25 schlecht geht, heißt das nicht, dass es dir bei km 35 noch schlechter geht. Ich hatte damit gerechnet, dass mental die dritte Runde die schwierigste wird. Ich war jetzt allein unterwegs und mir steckte ein halber Marathon in den Knochen. Aber ich war erstaunt, die Seerunde ging schneller als erwartet. Ich hatte mit Kaugummi-km gerechnet, die sich unendlich in die Länge zogen. Das war nicht der Fall. Auch im Wald ging es fix. Nicht wirklich auf der Uhr, wie mir später die konsequent langsamer werdende Pace zeigte, aber im Kopf. Der stieg sozusagen aus dem Zeitempfinden aus. Das ist der absolute Traum.

Körperlich wurde es hart. Ich legte immer wieder Gehpausen ein. Insbesondere im Gelände ist das für mich absolut ok. Natürlich ist mein Ziel, mich wieder so gut aufzubauen, dass ich einen Marathon durchlaufen kann, im Moment bin ich da noch sehr weit von entfernt. Mir geht es aber darum, den Kopf wieder auf Spur zu bringen, der durch die letzten Rückschläge sehr gelitten hat. Also ist es dafür sogar gut, wenn ich körperlich nicht in Topform bin. Unter diesen Voraussetzungen einen Marathon zu finishen, stärkt mental enorm. In Krisensituationen kann man sich diese Momente wieder vergegenwärtigen.

Mein Magen hat die ersten 10 km fantastisch mit gemacht. Seitdem fing er wieder das Zicken an. Keine Übelkeit aber er übersäuerte. Ich zwang mich weiterhin Energie in Form von Caros „Pampe“ von NFT zu mir zu nehmen. Für den VP habe ich eigennützig Manner-Waffeln gespendet. (Keine Werbung. Ich werde leider nicht von Manner gesponsert) Die Dinger sind superlecker, vegan und auch für den angeschlagenen Magen geeignet. Also griff ich mir bei jeder Schleife zwei und trabte weiter. Martin berichtete währenddessen, dass er Greti wieder zugedeckt hatte und sie selig am Schlummern ist.

Es ging nochmal um den See. Ich war gespannt, aber auch diese Runde verging im Kopf sehr schnell. Ich wusste, gleich habe ich meine Trainingspartnerin wieder dabei. So lief ich ehrlich gut gelaunt wieder auf den Parkplatz, fröhlich begrüßt von Martin und Oliver. Ich holte Greti aus dem Auto. Die Maus war kurz verwirrt und brauchte einen Augenblick um richtig wach zu werden. Dann war die Freude groß und wild um mich herumhüpfend ging es zur letzten Schleife. Damit hatte ich nicht ganz gerechnet. Ich hatte eher gedacht, dass ich sie motivieren muss, nochmal los zu laufen. Schließlich hatte sie bereits 24 km in den Pfötchen und die Rückbank im Auto war gemütlich. Von wegen, Prinzessin war auf Abenteuer aus. Wir hetzten uns nicht. Trinkpause für Greti am Waldsee musste sein und obwohl ich wirklich platt war und mir das Fahrgestell weh tat, genoss ich die letzte Runde. Meine Uhr zeigte an, dass ich bereits Marathonstrecke gelaufen bin. Wer zu dumm zum Schilder lesen ist, macht aus einem Marathon einen Ultralauf. Einen zu erwähnenden Zusammenstoß gab es noch mit einem anderen Hund. Nicht angeleint schoss er auf uns zu. Greti, wenig erfreut, wich ihm geschickt aus. Ich war ebenfalls wenig erfreut aber weitaus ungeschickter als die Prinzessin und so knallte mir der Riesenköter mit Wucht ans Knie. Das stand für heute eigentlich nicht auf meiner Wunschliste. Herrchen und Frauchen erschienen, sich mit Hundepfeife ankündigend, auf der Bildfläche. Ihren Hund interessierten die Pfiffe nicht. Wir liefen weiter, da normalerweise die Hunde dann schnell abdrehen, wenn sie sich von ihren Besitzern entfernen. Diesen konnte man als autark bezeichnen. Seine Besitzer kümmerten ihn null und er lief weiter wild hinter Greti her und mir ständig vor die Füße. Nach etwa 200 m und immer leiser werdenden Pfiffen der Besitzer, wurde es mir zu dumm und ich habe den Hund lautstark angeranzt. Diesen Ton kannte er scheinbar nicht. Schwer beeindruckt zog er ab. Ich werde es nie verstehen, warum nicht abrufbare Hunde freilaufen müssen. Greti ist auch in den seltensten Fällen angeleint, aber die ist abrufbar. Wenn sie ihre drollige Phase hat und sie nicht verlässlich pariert, wird sie angeleint.

Ungerührt von diesem Zwischenfall, setzten wir unsere Runde fort um schließlich am VP und somit im Ziel anzukommen. Herzlich begrüßt von Martin, Oliver und Daniela, der erstplatzierten Frau. Ich freute mich ehrlich. War ein gutes Stück Arbeit und ich habe es überstanden.

Es folgten ein paar Fotos und ein herzliches Gespräch, bei dem ich auch von meinem Umweg berichtete. Ich bedankte mich nochmal herzlich bei Martin, der sich so rührend um Greti gekümmert hat. Er hat sich in die kleine Maus verliebt und ich kann ihn nur verstehen. Es war unglaublich nett und ich hätte noch viel länger quatschen können aber mir wurde einfach zu kalt und so trat ich die Heimfahrt an. Greti döste zufrieden auf der Rückbank.

 

Fazit

Ein Marathon der besonderen Art. Wer die Natur liebt und es unkompliziert möchte ist hier goldrichtig.

Zuschauer, Partystimmung, abgesperrte Strecke, Bestenlistentauglich? = Fehlanzeige

Genau das macht es aus und deswegen liebe ich diesen Marathon. Vier Runden, bzw Achten zu laufen hat Vor- und Nachteile. Es ist verlockend leicht auszusteigen, wenn man mehrfach direkt an seinem Auto vorbeiläuft. Wiederum kann man sich auch gut auf die Strecke einstellen und sie unterteilen. Aber auch, wer keinen ganzen Marathon laufen möchte sondern einfach nur in schöner Gegend ein paar km abspulen, ist hier richtig.

Die Strecke ist sehr gut mit Pfeilen, Kreidemarkierung und Flatterband markiert. Wer nicht völlig blind durch die Gegend stolpert, muss sich nicht verlaufen. Außer für Prinzessinnen wie mich, ist es auch nicht notwendig mit Verpflegung zu laufen. Man kann alles beim VP deponieren. Der ist aber sowieso gut ausgerüstet. Wasser, Cola, Weingummi, Kekse, Müsliriegel, Nüsse und pro Läufer gefühlt 8 kg Bananen.

Sollte nächstes Jahr alles passen, werde ich bestimmt wieder dabei sein

 

 

Ergebnisliste 5. Idstedtmarathon

  1. Hans-Jürgen Gregersen 3:27:45
  2. Michael Stoll 3:51:15
  3. Jürgen Clausen 4:12:39
  4. Daniela Prüß 4:29:20 (1. Frau)
  5. Doris Hinz 5:13:50 (2. Frau)
  6. Sandra Rebenstorf 5:17:18 (3. Frau)
  7. Klaus-Dieter Schulze 7:18:21

8. Sven-Olaf Bilinger DNF
9. Nico Reusch DNF
10. Ricarda Rattay DNS
11. Michael Rattay DNS

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